Gichin Funakoshi gilt als Begründer des modernen Karate. Er hat Karate nicht erfunden, ihm ist es aber zu verdanken, dass die bis dahin im Geheimen trainierte Kampfkunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt wurde und dass sie - wenn auch nicht in ihrer ursprünglichen Form - schließlich weltweit verbreitet wurde. Dabei betrachtete Funakoshi Karate nicht nur als Mittel zur Selbstverteidigung, sondern vielmehr auch als Werkzeug, um Körper und Geist zu vervollkommnen.
Wir verdanken ihm also viel, hätte es ihn nicht gegeben, würden wir heute hier wohl kein Karate betreiben. Sensei Gichin Funakoshi lebte von 1868 bis 1957, wurde also 89 Jahre alt. Er ist auf Okinawa, einer Insel im Süden Japans aufgewachsen. In der Kindheit war er eher klein und kränklich. Seine Eltern waren Angehörige einer Samuraifamilie. Funakoshis Großvater hatte als Gelehrter die königliche Familie unterrichtet. Er begann Funakoshi in Philosophie und Kampfkunst auszubilden. Funakoshi arbeitete von 1888 an als Hauptschullehrer. Trotzdem stellte Karate seinen Haupt-Lebensinhalt dar. Er war sehr um die Verbreitung des Karate bemüht. 1901wurde ein japanischer Schulkommissar an Funakoshis Schule entsandt um den Bildungsstand zu prüfen.
Zu seinen Ehren führte Funakoshi etwas vor, wovon der Kommissar so beeindruckt war, dass Karate in den Sportunterricht der Schule aufgenommen werden durfte. Um 1920 veränderte sich die Bezeichnung für Karate. Dies bedeutete zunächst chinesische Hand. Später änderte Meister Funakoshi das Schriftzeichen für Kara in ein gleich ausgesprochenes, aber anders geschriebenes um, das leer bedeutet. Seitdem bedeutet Karate-do also Weg der leeren Hand. Nach 30 Jahren im Schuldienst gab Funakoshi das Lehramt ab, um mit einer Karatedemonstrations-gruppe durch Okinawa zu reisen. Seine zahlreichen Vorführungen machten ihn bald zum bekanntesten Meister auf Okinawa, und wer etwas über Karate erfahren wollte, wandte sich an ihn. Funakoshi war aber auch Gelehrter, er war Meister der Kalligraphie (Schönschreibkunst) und der Dichtkunst und beherrschte die japanische und chinesische Sprache.
Als friedfertiger Mensch versuchte er stets Konflikten aus dem Weg zu gehen und Kampf zu vermeiden. 1922 reiste Funakoshi als Leiter einer Delegation aus Okinawa nach Tokio und stellte dort Karate
erstmals der japanischen Öffentlichkeit vor. Aufgrund des großen Interesses blieb er in Japan, um weiter Karate zu unterrichten. 1936 eröffnete Funakochi in Tokio die erste Karate Schule, der seine
Freunde den Namen "Shoto Kan" (Haus des Shoto) gaben. "Shoto" (Das Rauschen der Kiefernwipfel) war der Künstlername, unter dem er seine Gedichte verfasste. Vom Namen dieser ersten japanischen
Karateschule, ist der Name der größten Karate-Stilrichtung, die auch wir betreiben, abgeleitet:
Shotokan-Karate. Kennzeichen des Shotokan-Stils ist der Tiger. Funakoshi selbst lehnte es aber strikt ab, sein Karate als eigenen Stil oder Shotokan-Karate zu bezeichnen. Für ihn gab es nur ein
einheitliches Karate. Es waren seine Schüler, die das Karate ihres verstorbenen Lehrers von dem Karate anderer Schulen abgrenzen wollten.
"Karate beginnt und endet mit Respekt". Diese erstrebenswerte Grundeinstellung spiegelt sich auch bei jedem Training in einer festgelegten Begrüßungszeremonie wieder, der eine kurze Meditation vorausgeht. Der traditionelle An- beziehungsweise Abgruß steht zu Beginn und am Ende einer Trainingseinheit und bringt zum Ausdruck, dass man allen Tainingspartnern friedlich und bescheiden begegnen will. Beschrieben wird nun der Ablauf des Angrüßungsrituals, der Start eines jeden Kinder- und Erwachsenentrainings. Es erfolgt im Sitzen. Zunächst einmal wird die Trainingsgruppe ruhig und stellt sich den Gürtelgraden entsprechend in einer Linie gegenüber dem Trainer auf, wobei die Fußstellung geschlossen ist. Nach einer kurzen Verbeugung gehen alle in die Hocke. Beim Abknien achten wir darauf, dass wir zuerst das linke Knie und dann erst das rechte absetzen. Die tiefere Bedeutung dieser Reihenfolge stammt noch aus der Zeit der Samurai. Diese Kämpfer trugen auf ihrer linken Seite ein Langschwert mit extrem scharfer Klinge, welches im Bedarfsfall mit der rechten Hand blitzartig gezogen wurde. Wenn man beim Grüßen also zuerst das linke Knie absetzt, könnte man jederzeit die Waffe ziehen, ohne Gefahr zu laufen, sich mit dem Schwert selbst zu verletzen. Der Kniesitz, in dem wir uns nun befinden, nennt sich Sai-za. Die Hände ruhen dabei auf den Oberschenkeln und der Oberkörper soll aufrecht gehalten werden, um die Atmung nicht zu behindern. Wenn alle ihre korrekte Sitzposition eingenommen haben, gibt ein Trainer das Kommando "Mokuzo". Nun schließen alle die Augen, vertiefen sich aufs Atmen und bereiten sich innerlich auf das bevorstehende Training vor, indem sie alle Gedanken an die Freuden aber auch Probleme des Tages zurückstellen um sich ganz auf die beginnende Trainingseinheit zu konzentrieren.
Mit "Mokuzo - Yame" wird diese Meditationsphase beendet und alle öffnen wieder die Augen. Stellvertretend für die Trainingsgruppe grüßt nun das Kind mit der höchsten Graduierung die Trainer mit "Sensei ni rei". Danach verbeugen sich alle im Sitzen, dabei wird die linke Handfläche zuerst auf den Boden gelegt, dann folgt die Rechte. Die Daumen und Zeigefinger der Hände am Boden bilden ein Dreieck. Der Oberkörper wird nach vorn gebeugt, die Nasenspitze berührt kurz die Fläche innerhalb des Dreiecks.
Alle richten sich wieder auf, die Hände werden wieder auf die Oberschenkel gelegt. Die Trainer stehen zuerst auf, dann die Kinder, rechts beginnend. Zum Abschluss des Trainings wiederholt sich dieses Ritual. Nun nennt man es "Abgrüßen".
Da es in Japan nicht üblich ist, sich gegenseitig zum Gruß die Hand zu geben, gibt es auch noch andere Begrüßungsformen, die im Stehen erfolgen. So gehört es sich für einen ernsthaften Karateka, sich kurz zu verbeugen, wenn er eine Übungsstätte (Dojo) betritt oder verlässt. Hier gilt der Gruß nicht einer einzelnen Person, sondern zeugt von Respekt für diesen besonderen Ort. Ursprünglich befanden sich solche Übungsräume nämlich in Klöstern und Tempelanlagen, die von einer ehrfurchtsvollen und bescheidenen Haltung erfüllt waren, was als Voraussetzung für jedes Lernen gilt! Ein häufiges Grußwort ist auch der Ausdruck "Oss". Es hat vielfältige Bedeutung: Zum einen signalisieren wir damit unserem Übungspartner, dass wir ihm mit Respekt und voller Aufmerksamkeit begegnen wollen... zum Anderen steht es auch im Sinne von: "Ja, Okay, Danke, Bitte,... Ich habe verstanden."
Wenn Eltern und Interessierte erstmals vor einer Turnhalle stehen, in der Karate trainiert wird, wundern sie sich zuweilen über die lauten Schreie, die aus dem Dojo kommen.
Was ist das - ... und was soll das? Das Gebrüll, vereinzelt oder auch in der Gruppe, das man da hört, nennt sich Kiai.
Es ist ein Kampfschrei, den man auch in anderen Sportarten findet (z.B. Gewichtheben).
Er kommt immer dann zum Einsatz, wenn eine Technik mit Ganzkörperspannung (Kime) ausgeführt wird und unterstützt die Stärke und Entschlossenheit einer Bewegung.
Der Schrei hat mehrere Funktionen:
Doch, was soll ich brüllen? Gerade unter Anfängern ist der Irrtum weit verbreitet, dass man "Ki-ai" rufen muss, ...doch das ist falsch! Der Ausdruck Kiai ist nur der Name für den Kampfschrei. Am Besten sucht ihr euch einen Ausruf, der möglichst kurz ist, nur aus einer Silbe besteht und auch die Ausatmung unterstützt. (Laute wie Bah, Hah wären geeignet - solche wie Hmm oder Grrr eher nicht :-) )
Zu Beginn kostet es etwas Überwindung beim Schrei so aus sich heraus zu gehen - doch später macht er sogar richtig Spaß, und Frust und aufgestaute Aggressionen lösen sich auf wunderbare Art und Weise.